Online-Teilnahme an WEG-Versammlungen

Bis Dezember 2020 hatte man für die Teilnahme an einer Eigentümerversammlung in WEG’s nur zwei Möglichkeiten: Entweder man ging selbst hin oder man bevollmächtigte eine anwesende Person. Eine Online-Teilnahme war nicht möglich. Seit dem 1.12.21 hat der § 23 Absatz 1 einen zweiten Satz, nach dem eine Teilnahme an einer WEG-Versammlung auch Online möglich ist. Insbesondere für Eigentümer, die an einem anderen Ort wohnen ist das eine Erleichterung. Aber auch für Verwalter bedeutet diese Möglichkeit eine etwas größere Flexibilität, denn typischerweise hatten die Gemeinschaften versucht die Versammlungen an den Tagesrand zu legen und mit Rücksicht auf auswärtige Eigentümer an den Wochenrand. Durch die Möglichkeit der Online-Teilnahme steigt die Wahrscheinlichkeit, daß mehr Eigentümer an der Versammlung teilnehmen. Im Gegenzug bedeutet das natürlich auch, daß die Wahrscheinlichkeit steigt, daß die Versammlung länger dauert. Denn nicht nur die zusätzliche Technik wird einen etwas höheren Zeitaufwand bedeuten, sondern es werden vermutlich auch mehr Wortbeiträge eingebracht.

Voraussetzung für die Online-Teilnahme ist ein entsprechender Beschluß der WEG. In den meisten WEG’s führt dies dazu, daß die entsprechenden Gestattungsbeschlüsse erst in diesem Jahr getroffen werden und die erste Online-Teilnahme in 2022 stattfinden werden.

In diesem Gestattungsbeschluß müssen die Details der Online-Teilnahme, insbesondere der Umfang der Online wahrnehmbaren Rechte, sowie die Gültigkeit des Beschlusses festgelegt werden.

Bezüglich der Details der Online-Teilnahme geht es insbesondere um die Festlegung welches elektronische Kommunikationsmittel gewählt wird. Das Gesetz legt hier nichts fest, so daß die Gemeinschaft frei wählen kann. In der Regel wird die Online-Teilnahme auf eine Video- oder Telefonkonferenzen herauslaufen. Aber auch andere Kommunikationswege wie Chats, Messenger-Dienste, etc. wären erlaubt. Relevant ist dies insbesondere, wenn eine Kombination von Übertragungsmedien gewählt wird, etwa die Ermöglichung der Online-Teilnehmer der Versammlung per Bild und Ton folgen zu können und etwaige eigene Beiträge oder Abstimmungen über eine Chat-Funktion textbasiert eingeben zu müssen. Der Gestattungsbeschluß muss all dies genau beschreiben. Konkrete Einwahldaten müssen im Gestattungsbeschluß noch nicht genannt werden.

Zweiter wesentlicher Inhalt des Gestattungsbeschlusses ist der Umfang der wahrnehmbaren Rechte. Hierbei ist es möglich, daß die Rechte der online teilnehmenden Eigentümer beschränkt werden. Bei diesen Rechten geht es insbesondere um das Rede-, Antrags- und Stimmrecht. Eine Erwägung das Rederecht zu beschränken könnte etwa darin liegen, daß insbesondere bei großen Eigentümergemeinschaften die Gefahr besteht, daß die Veranstaltung zeitlich ausufert. Aber auch praktische Gründe wie beispielsweise die Tonqualität für die vor Ort teilnehmenden Eigentümer können entsprechende Erwägungen darstellen. Sofern beispielsweise das Stimmrecht bei der Online-Teilnahme ausgeschlossen wird, müsste der entsprechende Eigentümer zur Ausübung seines Stimmrechts einen vor Ort anwesenden Teilnehmer bevollmächtigen.

Dritter Punkt ist die Gültigkeit des Beschlusses. Wird nichts dazu gesagt ist davon auszugehen, daß der Beschluß für alle künftigen Versammlungen gelten soll. Denkbar ist aber auch, daß die Gültigkeit etwa auf die nächste Versammlung beschränkt wird, um etwa Erfahrungen mit der konkreten Ausgestaltung zu gewinnen und bei Bedarf leichter nachschärfen zu können. Zu bedenken ist auch die unterschiedliche technische Ausstattung der Verwalter, bzw. die Höhe der zusätzlichen Kosten, die die Verwalter gegebenenfalls für die Umsetzung der Online-Teilnahme aufrufen. Auch dies kann eine Erwägung sein, die Online-Teilnahme nur für jeweils die nächste Versammlung zu beschließen.

Klar ist, daß auch bei einer Online-Teilnahme das Prinzip der Nichtöffentlichkeit gilt. Der Verwalter muß jedoch nur im Verdachtsfall prüfen, bzw. nachfragen, ob nichtberechtigte Personen mit am Bildschirm sitzen. Für den Fall eines Verstoßes muß der Unberechtigte unverzüglich ausgeschlossen werden, anderenfalls dürften die in der Zwischenzeit gefassten Beschlüsse wegen Verstoßes gegen den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz anfechtbar sein.

Bei Übertragungsmängeln oder technischen Schwierigkeiten wird es darauf ankommen, in wessen Sphäre die Störung ihre Ursache hat. Ist die Störung ursächlich beim Online-Teilnehmer, so wird dies in der Regel keine Folgen haben. Ist die Störung ursächlich auf Seiten der Gemeinschaft, also vor Ort, und kann ein Online-Teilnehmer in dieser Folge seine Rechte nicht wahrnehmen, so führt dies zur Anfechtbarkeit eines während der Unterbrechung gefassten Beschlusses. Die rein praktische Schwierigkeit wird sein, diese Spähren-Verantwortlichkeit in einem Gerichtsverfahren nachweisen zu können. Zu diesem Zwecke sollten Verwalter die Verbindungsprotokolle aufheben und gegebenenfalls einen Mitarbeiter ebenfalls online teilnehmen zu lassen, um etwaige technische Störungen dokumentieren zu können.

Die Ermöglichung der Online-Teilnahme bedeutet einen erhöhten technischen Aufwand für den WEG-Verwalter, den sich dieser in der Regel zusätzlich bezahlen lässt. Auf der einen Seite ist technisches Equipment wie Kameras, Mikrofone und eine Video-Konferenzen-Lizenz erforderlich. Je nach Tagungsort (z.B. Hotel) können zusätzliche Kosten durch Buchen einer ausreichend breitbandigen Internetverbindung entstehen. Ausserdem wird der Verwalter zumeist auch einen erhöhten Personalaufwand haben, denn alleine schon das Monitoring der technischen Durchführung und der Einhaltung der Nichtöffentlichkeit wird die Aufmerksamkeit mindestens einer weiteren Person erfordern.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die Online-Teilnahme eine gute Möglichkeit sein kann eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch mehr Partizipation zu stärken. Die Verwalter müssen gut überlegen, wie sie die Zusatzaufwände einer Online-Teilnahme organisatorisch gestalten und welchen Preis sie dafür aufrufen. Und die Gemeinschaft sollte wegen der Kosten und der rechtlichen Rahmenbedingungen auf der anderen Seite genau überlegen, wie sie einen etwaigen Gestattungsbeschluß fasst.

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